Jetzt geht es um die Wurst

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Deutschlands Fleisch- und Wursthersteller stehen vor großen Herausforderungen. Die wegbrechende Tierhaltung verknappt das Rohstoffangebot, und gestiegene Kosten sind kaum in höhere Verkaufspreise umzusetzen. Es kommt zu Betriebsaufgaben. Die Verbände VDF und BVWS machen die Regulierungswut der Regierung für die schwierige Lage verantwortlich. Einer staatlichen Tierwohlabgabe erteilen sie eine Absage.

Die Fleischerzeugung in Deutschland ist 2023 im Vorjahresvergleich um 4,0% auf 6,8 Mio. Tonnen gesunken; dies war der siebte Rückgang in Folge. Der Verband der Fleischwirtschaft (VDF) und der Bundesverband der Deutschen Wurst- und Schinkenproduzenten (BVWS) machten am Donnerstag (25.4.) bei ihrer Jahrestagung in München dafür hauptsächlich den Regulierungsdruck, politische Unsicherheiten und Kostensteigerungen verantwortlich. Dies führe zu einem Abbau der Rinder- und Schweinebestände und erhöhe den Druck zur Konsolidierung in der Schlachtbranche, so die beiden Verbände. Das habe bereits zu Betriebsschließungen und Verkäufen geführt. Als Belastung werden zudem Exportbeschränkungen durch die Afrikanische Schweinepest (ASP) genannt.

 

Hoher Kostendruck

"In Deutschland herrscht in der Fleisch- und Fleischwarenproduktion eine Atmosphäre von Überregulierung und Unsicherheit", berichtete der VDF-Vorstandsvorsitzende Martin Müller. Laut BVWS-Präsidentin Sarah Dhem ist die größtenteils mittelständisch geprägte Verarbeitungsindustrie mit wirtschaftlichen Belastungen wie hohen Energie- und Rohstoffpreisen sowie steigenden Löhnen konfrontiert. "Diese massiven Kostensteigerungen erschweren es den Unternehmen, ihre Produkte zu angemessenen Preisen anzubieten", erläuterte Dehm. In Inflationszeiten seien die Verbraucher noch preissensibler geworden "Der gesamte Sektor fordert ein Ende der Gängelung, Verkomplizierung und von unnötiger Bürokratie, die unsere Arbeit in einem ohnehin schon schwierigen Marktumfeld immer schwerer macht", betonte Dhem.



Keine nationalen Alleingänge

Die Bedenken der Schlacht- und Verarbeitungsbetriebe über negative Auswirkungen verschiedener gesetzlicher Regelungen in Deutschland sind groß. Insbesondere nationale Alleingänge erschwerten den Zugang zum EU-Markt und bevorteilen ausländische Produkte im Wettbewerb, so die Kritik. Eine Abgabe zur Verteuerung tierischer Lebensmittel, um das Tierwohl zu finanzieren, wird von beiden Verbänden kritisch gesehen. Ohne langfristige Verträge zwischen Staat und Erzeugern würden diese Mittel den Landwirten nicht zugutekommen und nur der Konsumsteuerung und dem weiteren Abbau der Tierhaltung dienen. Die Verbraucher könnten bereits heute durch den Kauf von Produkten der Initiative Tierwohl (ITW) mit höheren Haltungsstufen die Transformation zu mehr Tierwohl unterstützen.

 

Auch Lob für Özdemir

VDF und BVWS üben nicht nur Kritik, sondern sehen auch positive Entwicklungen. Die Inflationsrate insgesamt und für Nahrungsmittel gehe zurück, was die Ausgabenbereitschaft erhöhe und den Fleischverzehr stabilisiere. Ausdrücklich begrüßt werden die Bemühungen des Bundeslandwirtschaftsministeriums, Exportmärkte nach der ASP-Schließung, besipielsweise in Südkorea, wieder zu öffnen. Jetzt sei es dringend erforderlich, dass weitere asiatische Länder ihre Grenzen wieder öffnen.

 

Müller verwies auf die jüngsten Gespräche von Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir in China. "Das waren wichtige Impulse, um nun zwischen den Regierungen auch die Marktöffnung für deutsches Schweinefleisch weiter zu verhandeln", so der VDF-Vorstandsvorsitzende. Der Export von Teilstücken des Schweins, die in Deutschland kaum verzehrt, in China aber als Delikatesse gelten würden, sei sehr wichtig für die heimische Wertschöpfung. AgE

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